Samstag, 12. Juni 2010

Mehr so keine Ahnung: Die FDP in Hamburg

Es soll in Hamburg Organisationen geben die sich als durchgängig humorfrei erweisen. Zum Beispiel die Hamburger FDP. Man möchte nicht als "Bildungsadel" durch den Kakao gezogen werden. Das sagt zumindest ihr Pressesprecher.

In dieser Hinsicht ist man in der Rothenbaumchaussee 1, zugegebener Maßen auch arg gebeutelt. Machte sich Anfang des Jahres noch die gesammelte Hamburgische Medienlandschaft über die Pressemiteilungen des Vorsitzenden zu Lena Meyer-Landrut lustig und befremdete sich über den Kampf  der JuLis gegen den Einzug des Stalinismus auf dem Rathausmarkt.
Das dem ein Riegel vorgeschoben gehört ist klar: So ließ der Vorsitzende Salo kürzlichst lt. BILD eine Satiregruppe bei Facebook verschwinden. Deswegen ist es keineswegs verwunderlich, das Tucholsky-Zitat von der Satire die alles dürfe (genau wie die Kunst), mit einem dicken "Aaaaber" der Humorlosigkeit zu versehen.
Neuer Aufhänger für die Elbliberalen: Wie ein getroffener Hund jault die Hamburger FDP über eine Demonstration von dielinke.sds, den man zeitlich stehengeblieben, für eben jenen SDS aus der eigenden Jugend hält.

Das jener SDS eine vormalige Studentenorganisation der SPD war, der nicht nur Rudi Duttschke, sondern auch Ralf Dahrendorf (FDP) und Helmut Schmidt (hier in Hamburg) angehörten und der 1970 in beispielloser Selbstzerstörung sein Ende fand, scheint unbekannt. Dass die Neugründung auf die LINKE zurückgeht und es sich heutzutage nicht mehr um den Sozialistischen Deutschen Studentenbund handelt, sondern vielmehr um den Sozialistisch-demokratischen Studierendenverband, ist vielleicht auch gar nicht so wichtig.

Viel lustiger ist, es dass Rolf Salo und seine WWL-Frontfrau Anna von Treuenfels (sic!) sich über den Begriff des "Bildungsadels" echauffieren.

Zitat:

FDP Hamburg: Diffamierender Klassenkampf unter dem Deckmantel von Satire09.06.2010
Rolf Salo: Gefährliche Eskalation der Emotionen

In Hamburg fand gestern vor dem Rathaus eine von linken Reformbefürwortern organisierte Satire-Aktion gegen die Schulreform-Gegner statt. Angekündigt war der Auftritt vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) vorher im Internet:

„Wir, „Der Bildungsadel – Herkunft muss sich wieder lohnen!“, sind eine Gruppe elitärer Spinner, die sich für Selektion stark machen. Insbesondere sind wir gegen eine Vermischung von Kindern mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund, da Kinder bekanntlich die Zukunft unserer Gesellschaft sind. Und wir möchten sie dabei in guter Gesellschaft wissen.
Derzeit kämpfen wir gegen die Primarschule, da wir sie als Mittel der Zwangsproletarisierung entlarvt haben. Um dies der Welt kundzutun, werden wir kommenden Dienstag eine Kundgebung abhalten, um möglichst viele Stimmen gegen die Gleichmacherei der Afghanistan-Koalition (Schwarz-Rot-Grün) zu erreichen.
Präsentiert werden dabei die Highlights aus 300 Jahren dreigliedrigen Schulsystem, klassistische Argumente und unglaublich viel Demagogik.
Dienstag, 8. Juni
17.00 Uhr
Rathausmarkt“

Für Rolf Salo, Landesvorsitzender der FDP Hamburg, ist hier eine Grenze überschritten: „Auch wenn nach Kurt Tucholksky Satire alles darf, so sind hier zumindest Grenzen des guten Geschmacks gezielt überschritten worden. Auch Satire lebt im Kern von Wahrheit, die man hier beim besten Willen nicht erkennen kann. Hunderttausende Hamburger werden als Bildungsadel diffamiert, es wird schwierig sein, diese ungebremsten Emotionen wieder einzufangen. Die Spaltung der Gesellschaft wird von Kreisen der Reformbefürworter bewusst betrieben. Viele, die die Satire nicht durchschaut haben, mussten die Aktion des “Bildungsadels” für bare Münze nehmen und waren schockiert über Naziparolen und Polemiken gegen Behinderte und Schwule!”

Laut Salo lasse sich die FDP auch weiter nicht beirren und bleibe in ihrer Kampagne bei der argumentativen Linie. Willkommen sei jetzt allerdings ein Zeichen aus dem Senat, das wieder in Richtung Ruhe und Besonnenheit gehe. „Mit ihrer Politik der Ideologisierung hat auch Frau Goetsch eine Situation heraufbeschworen, die nun Züge einer Hasskampagne gegen die Schulreformgegnern angenommen hat.“

FDP-Kampagnenleiterin Anna von Treuenfels sieht den Volksentscheid auf der Zielgraden und warnt: „Bis hierher haben es Gegner und Befürworter geschafft, bei aller Härte die Würde des anderen zu achten. Die aktuelle Grenzüberschreitung ist eine große Enttäuschung.”
          Schreibfehler wie im Original

Dies ist von der eigenen Warte aus nachzuvollziehen. Kann der FDP-Bezirksabgeordnete und JuLi-Pressesprecher Bläsing gemeinsam mit seinem Vorsitzenden Ritter keine Kunst erkennen, scheint auch dem FDP-Landesvorsitzenden Salo und seinem Pressesprecher Brinker die Angst vor nicht zu verstehender Satire mächtig in den Knochen zu stecken.

                                Quelle: Linke.SDS


Die Hamburger FDP die mit liberalen Kernforderungen wie der Aufhebung des Leinenzwangs und dem Kampf gegen Rauchverbote bei den letzten Wahlen den Einzug in die Bürgerschaft verpasste, setzt nun voll auf die Unterstützung der Initiative "Wir wollen lernen". Das die Hamburger FDP im von Salo bejammerten Artikel auf dem Blog von linke.sds nicht mit einem Wort erwähnt wird, hat mit der politischen Bedeutungslosigkeit der FDP Hamburg zu tun. Trotzdem den getroffenen Hund zu markieren, könnte ein weiteres Indiz dafür sein, dass man aus Ermangelung an eigenen Themen versucht die WWL-Kampagne politisch zu vereinnahmen.

PS: Man kann sich diese schreckliche, höchstverwirrende (fake) Demo auf Youtube ansehen.

http://www.youtube.com/watch?v=nQKiHbph8Zc
http://www.youtube.com/watch?v=oXW_o6u9KLI
Wer eine Naziparole findet, darf sie ausschneiden und behalten.

Um Gotteswillen nicht mit diesem (echten) Panorama-Beitrag verwechseln


http://www.youtube.com/watch?v=2jAI0hzDZuc

Ganz zum Abschluss noch die Position der bildungspolitischen Sprecherin der FDP Bayern (die im Landtag vertreten ist). Dies ist im übrigen auch Beschlusslage der Liberalen im Freistaat.
http://www.metatag.de/webs/fdp/bayern/files/downloads/pdf/Dokumente_Landes-FDP/Flyer/flyer.bildung.pdf 

Die FDP im Elbflorenz Dresden sieht hier dann auch näher an der Hamburger CDU (und damit auch an den bösen Klassenkämpfern auf der linken Seite) als an den Parteikollegen stromabwärts. Link1 Link2