Samstag, 6. Juni 2009

Dokumentiert: OFFENER BRIEF an die Dekanate der Fakultäten der Universität Hamburg


Von studentischen Vertretern in den Fakultätsräte der
Fakultät für Rechtswissenschaft,
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften,
Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft,
Fakultät für Geisteswissenschaften,
Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften

Hamburg, den 03. Juni 2009

Sehr geehrte Frau Benthin, sehr geehrter Herr Bassen, sehr geehrter Herr Graener,
sehr geehrter Herr Koch-Gromus, sehr geehrter Herr Schuck, sehr geehrter Herr Trute -

mit Befremden und erheblichem Unmut haben wir die Berichterstattung in der „Welt“ vom 29. Mai zur Kenntnis genommen.
Dem Artikel „Dekane stellen sich hinter Uni-Präsidentin“ war zu entnehmen, dass Sie sich von der fundierten öffentlichen Kritik an der Präsidentin distanzierten und ihr loyal den Rücken stärkten. Insbesondere habe der Dekan der MIN-Fakultät auch im Namen seiner Amtskollegin und Amtkollegen geäußert, Sie alle lehnten „das Vorgehen einiger Mitglieder der Universität entschieden ab, weil Universität und das Präsidium durch Halbwahrheiten diskreditiert werden und dies dem Ansehen der Universität schadet“.

Bereits die Wahl der derzeitigen Präsidentin war wegen ihrer Rüstungsforschung, ihrer hartnäckigen Befürwortung von Studiengebühren und ihrem streng konservativen Weltbild sowie den autoritären Vorstellungen einer Leitungsfunktion sehr umstritten.
Die aktuelle öffentliche Debatte bezieht sich auf bislang drei Schreiben aus der Mitgliedschaft der Universität, welche die schon lange bekannten und diskutierten gravierenden Probleme der Universität bzw. ihrer Leitung offenlegen:

  1. Die Erklärung der Mitglieder der „Eule der Minerva“ zu ihrem Rücktritt aus den zentralen akademischen Gremien der Universität, in dem mit kritischem Bezug auf das Präsidium und die Lage an der Universität die mangelnde Wertschätzung der Selbstverwaltung insbesondere bei der Erstellung des STEP und der Dekanewahl ebenso kritisiert wird wie die „Funktionsmängel“ durch „Einführung von Kostenstellen, STiNE oder die Verwaltungsdezentralisierung“.
  2. Der Aufruf mehrerer ProfessorInnen an die Mitglieder des Akademischen Senats, dem Hochschulrat die Abwahl der Präsidentin vorzuschlagen. Sie kritisieren Dysfunktionalität und praxisferne Überbürokratisierung durch die Leitung, machen deutlich, dass mangelndeKommunikationsfähigkeit und Missachtung der Selbstverwaltung eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verhindern und fordern eine Rückkehr zu kooperativem und kollegialen Verhalten, wofür die autoritäre Führung der Universität beendet werden muss.
  3. Der Brief von drei ehemaligen VizepräsidentInnen, in dem der Präsidentin ebenfalls mangelnde Kommunikation und Missachtung der Meinungen von Universitätsmitgliedern bescheinigt werden. Die VizepräsidentInnen problematisieren, dass Frau Auweter-Kurtz immer wieder ohne Legitimation im Namen der Universität spricht, insbesondere im Fall ihres vehementen Eintretens für den Uni-Umzug im Widerspruch zu der eindeutigen Haltung der großen Mehrheit der Hochschulmitglieder für den Verbleib der Universität in Eimsbüttel.

Gerade in der Diskussion um die bauliche Entwicklung der Universität ist allgemein bekannt, dass Ihr an die Kritiker gerichteter Vorwurf, nicht in Gänze die Wahrheit zu sprechen (s.o.), wohl eher die Präsidentin trifft (z. B. wenn sie den Zustand der Universitäts-Gebäude in Eimsbüttel beschreibt oder die Unterstützung der Umzugspläne durch alle Dekane behauptet).

Wir halten die oben ausgeführten Kritikpunkte sämtlich für zutreffend und belegt. Mit den nun von Ihnen öffentlich gemachten Äußerungen werden Sie – nach unserem Dafürhalten – dem bislang erreichten Diskussionsstand nicht gerecht.

Wir fragen Sie daher:

  • Auf welche Positionen und Äußerungen beziehen Sie sich - zumindest sinngemäß! -, wenn Sie von Halbwahrheiten und Unterstellungen sprechen?
  • Welche Einschätzungen vertreten Sie in Bezug auf die in den Schreiben ausgeführten Kritikpunkte?

Statt sich die öffentlichen Boten der Schwierigkeiten vorzuknüpfen, halten wir dafür, die Ursachen der Probleme zu reflektieren und zu überwinden. Das geht über eine „differenziertere Betrachtung“, wie einige von Ihnen in eMails an die jeweiligen Fakultätsmitglieder angekündigt haben, hinaus. Sollte Ihr Angriff auf die KollegInnen tatsächlich im wesentlichen dem Öffentlich-Machen der gravierenden Konflikte um die Universitätskultur und –entwicklung gelten, so stellen Sie sich nun dabei auf die Seite des „Maulkorberlasses“, der damals von den Hochschulmitgliedern einhellig zurückgewiesen wurde.
Auch in diesem Fall fordern wir Sie auf, sich von dem Inhalt der Veröffentlichung in der „Welt“ kulturbildend zu distanzieren.
Unsere Universität bedarf dringend eines rationalen Kurswechsels und der gemeinsamen Rückbesinnung auf die in der Grundordnung und im Leitbild gefassten Maßstäbe der Demokratie, Kooperation, Kollegialität, Transparenz, Offenheit und Bewusstsein gesellschaftlicher Verantwortung der Wissenschaft.
Wir fordern Sie auf, sich an dieser sinnvollen Aufgabe zu beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen
die studentischen Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der bezeichneten Fakultätsräte

Niels Kreller (Rechtswiss.), Andreas Dannwolf (Rechtswiss.), Shiva Amri (WiSo), Jonas Henze (WiSo), Leila Kölbl (WiSo), Franka Metzner (EPB), Philipp Langer (EPB), Till Petersen (EPB), Nissar Gardi (EPB), Johanna Gehrke (EPB), Luise Albers (Geisteswiss.), Christian Sauerbeck (Geisteswiss.), Ina Herbrick (Geisteswiss.), Felix Klockmeier (Geisteswiss.), Sven Kloth (Geisteswiss.), Andreas Bick (MIN), Ilka Mohrholz (MIN), Katharina Selent (MIN), Steffi Ehlert (MIN), Sebastian Schultz (MIN), Alina Wassink (MIN)

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