Donnerstag, 23. Juli 2009

Dokumentiert: acadamics.de zur Präsidentenfindung

Die nächste Panne kommt bestimmt

Bei der Wahl von Hochschulrektoren gewinnen Headhunter an Einfluss. Das geht zulasten der universitären Demokratie.

Von Jan-Martin Wiarda

Der Gutachter war voll des Lobes für die Kandidatin. Schlank sei sie und sportlich, habe blondes schulterlanges Haar und einen elegant-ansprechenden Kleidungsstil. Sie kommuniziere sehr gut und habe die Fähigkeit, kluge und maßvolle Entscheidungen zu treffen. Die logische Schlussfolgerung: Frau Prof. Dr.-Ing. Monika Auweter-Kurtz sei mit 7,0 von 10 möglichen Punkten für die Position der Präsidentin der Universität Hamburg qualifiziert.

Das streng vertrauliche Persönlichkeitsprofil, das ein sogenannter Headhunter von der ehemaligen Uni-Chefin erstellte, stand jahrelang in Auszügen fast unbeachtet auf einer Website. Wenige Tage nachdem die Raumfahrtexpertin durch einen Uniweiten Aufstand gegen ihren autoritären Führungsstil zum Rücktritt gezwungen wurde, wird es für ihre Gegner jetzt zum Symbol für das beklagte Demokratiedefizit ihrer Amtszeit. "Man muss nur schauen, wie alles angefangen hat", sagt Bela Rogalla, der 2006 als studentischer Vertreter im Senat gegen die Wahl von Auweter-Kurtz gestimmt hat. Statt sich um den fehlenden Rückhalt der Kandidatin in der UniÖffentlichkeit zu kümmern, hätte sich die eingerichtete Findungskommission oberflächliche Gedanken darum gemacht, wie präsentierbar sie sei. »Das Berufungsverfahren war abstrus und intransparent «, kritisiert der Sinologe Michael Friedrich, Initiator einer Unterschriftenaktion Hamburger Professoren, die dem Abgang der als "Raketen-Moni" gescholtenen Auweter-Kurtz vorausging. "Wir brauchen mehr Partizipation - und das nach Möglichkeit schon bei der nächsten Präsidentenwahl."

Die Demokratie zurück an die Uni - auch bei den jüngsten Bildungsstreiks war es eine der Kernforderungen. Und der Druck auf die Politik nimmt zu: Die Hamburger Personal-Querele wirft ein grelles Licht darauf, wie radikal sich die Personalpolitik von Hochschulen bundesweit verändert hat. Rektoren und Präsidenten werden dank neuer Landeshochschulgesetze mit zuvor ungekannten Machtbefugnissen zu Chefmanagern aufgewertet, ihre Wahl wurde vielerorts den alten Uni-Gremien entrissen und in die neuen, Aufsichtsräten nachgebildeten Hochschulräte ausgelagert, in denen sich auch Firmenlenker und Nichtwissenschaftler wiederfinden. Die dritte Analogie zur Unternehmenswelt besteht in der Einschaltung professioneller Personalberater: Bonn, Bielefeld, Siegen und Regensburg sind nur einige der Universitäten, die in den vergangenen Jahren Headhunter beauftragt haben. Die Berater berichten einer eigens eingerichteten Findungskommission vertraulich über mögliche Bewerber. Erst kurz vor der Wahl wird eine kleine Auswahl von Kandidaten den Medien präsentiert. Kritiker sprechen von einem abgekarteten Spiel. Nach mehreren Pannen, von denen der Fall Auweter-Kurtz die letzte war, wachsen die Zweifel an einem Verfahren, das durch das Anwerben externer Kandidaten hartnäckige Uni-interne Reformblockaden aufbrechen soll. Doch während der Nutzen privater Agenturen für die Hochschulen kaum messbar ist, sind die Kosten beträchtlich. Dabei wiegt das Honorar, gewöhnlich ein Drittel des jährlichen Präsidentengehalts, am geringsten. Der Frust der ausgebooteten Uni-Öffentlichkeit ist der eigentliche Preis - und kann wie in Hamburg zur Hypothek für den Amtsinhaber werden.

Link: http://www.academics.de/wissenschaft/die_naechste_panne_kommt_bestimmt_36455.html

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