Tüchtig oder kritisch?
„Wir sind diejenigen, die sich dafür einsetzen, daß wer sich anstrengt, wer tüchtig ist auch gut zurecht kommt. Und in allen Fragestellungen des Lebens muß jeder für sich immer die Antwort geben können: Das was die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten vorschlagen, das ist genau das, was mich in die Lage versetzt, wenn ich mir Mühe gebe in meinem Leben auch vernünftig voran zu kommen. Und natürlich sind wir die Partei der Solidarität, die insbesondere denjenigen hilft, die ohne Solidarität der Gesellschaft nicht zurecht kommen können.“
Olaf Scholz in der Pressekonferenz anläßlich seiner Kandidatur als SPD-Landesvorsitzender am 28.9.2009.
„Warren Buffetts Investmentfirma Berkshire Hathaway verlor rund ein Fünftel ihres Marktwertes, Buffett selbst rund 17 Milliarden Euro seines Privatvermögens - was ihn zum zweitreichsten Mann der Welt degradierte. Überholt erneut von Bill Gates, Freund und Bridge-Partner. Doch Buffett wäre nicht Buffett, hätte er wie viele Aktionäre das Handtuch geworfen oder den Kopf in den Sand gesteckt. Ganz nach dem Motto: Eine Krise ist auch eine Chance, stürzte sich das „Orakel von Omaha“ wie ein Habicht auf Beute. Er investierte dort, wo niemand anderes investieren wollte. Beispielsweise in Goldman Sachs, das mit Steuergeldern vor dem Kollaps ebenso gerettet wurde wie Bank of Arnerica, Wells Fargo oder American Express. Dieser Deal wurde ihm mit einer garantierten zehnprozentigen Verzinsung schmackhaft gemacht. Seine zwei grössten Posten - American Express und Wells Fargo - tragen derweil selbst Früchte: Ihr Aktienpreis stieg um 71 und 70 Prozent zwischen April und Juni.“
„17 Milliarden Euro verloren, na und?“, Sächsische Zeitung, 10.9.2009.
Olaf Scholz, der 2001 als Innensenator durch die Vorwegnahme von Brechmitteleinsätzen gegen des Drogenhandels Verdächtige mithalf, Schill den Weg zu ebnen und dann angesichts in Hamburg verbauter Karrierechancen nach Berlin ging um als SPD-Generalsekretär die Durchsetzung der Agenda 2010 zu organisieren, will nun als Parteivorsitzender zurück in die Hansestadt kommen, um SPD und soziale Milliardärswirtschaft zu retten. Seine Vorstellung von Sozialstaat und Solidarität als Glück der „Tüchtigen“ (Wer hat, dem wird gegeben - siehe Warren Buffett) plus Almosen für die „Versager“ hat mit Emanzipation, Egalität, Lebensfreude oder auch nur sozialer Gerechtigkeit nichts gemein. Mehr des Falschen ist eine erstaunliche Wahlauswertung nach dem Scheitern in der Großen Koalition:
Wer sich „Mühe gibt“ im global schwerst krisengeschüttelten Kapitalismus „vernünftig voran zu kommen“ kann dies stets nur auf Kosten anderer tun (Woher kommen Warren Buffetts Milliarden?) und kommt schon angesichts erheblicher Arbeitslosenzahlen und brutaler Alltagshetze meist (ohne Milliarden) auch nicht „gut zu recht“. Das ist das Prinzip von Markt und Konkurrenz und dessen Vergötterung ist sowohl Ursache der gesellschaftlichen Krise wie auch des Niedergangs der SPD. Aufgrund der zu geringen Kritik an dieser a-sozialen Ideologie hat die marktradikale Demagogie für Union und FDP bei der Bundestagswahl noch einmal verfangen können. Hier ist erst recht Opposition erforderlich. Die Sozialdemokratie wird sich also an den verstärkt aufzunehmenden Kämpfen von Friedensbewegung, protestierenden Studierenden und Schülern, Gewerkschaften und anderen Linken orientieren und beteiligen müssen.
Tatsächliche Solidarität als gemeinsamer Kampf um die Entfaltung humaner Ansprüche, das heißt die Beendigung der Kriege in Afghanistan, Irak und Palästina, Abrüstung und weltweite Kooperation für soziale Entwicklung und kritische, gebührenfreie Bildung, Wissenschaft und Kultur für alle ist persönlich wie gesellschaftlich eine befreiende Angelegenheit. So kann durch eine produktive politische Polarisierung Schwarz-Grün in Hamburg und Schwarz-Gelb im Bund ein zügiges Ende bereitet werden.
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