Gleichstellung statt Feminismus
Jahrelang stand die Frauenhochschulwoche für Feminismus in Theorie und Praxis. Jetzt wendet sie sich weicheren Themen zu: etwa der Berufsberatung und familienfreundlichen Unternehmen.
Feministische Erkenntnistheorien oder dekonstruktivistische Ansätze bietet die diesjährige Frauenhochschulwoche nicht. Sie befasst sich mit individueller Karriereplanung und Fragen der Geschlechtergerechtigkeit.
Als Organisatorin sprach Röttgers verschiedene universitäre Institute und entferntere Institutionen an, um "eine Mischung aus politischen, inhaltlichen und weichen Themen" zusammenzubekommen. Dazu gehören jetzt familienfreundliche Unternehmen, die sich während der Veranstaltungswoche vorstellen oder auch das so genannte "Career Center", in dem Berufsberatung angeboten und über wissenschaftliche Karrieremöglichkeiten informiert wird. Laut Röttgers sind es genau solche Veranstaltungen, die heute auf die strukturelle Benachteiligung von Frauen reagieren.
Eindeutigere Titel tauchen bei der Frage zum Männermangel in den Erziehungswissenschaften auf. Um Abhilfe zu schaffen, wird hier eine "Genderbibliothek" eingeweiht und das Forschungsprojekt "Männer und Grundschule" vorgestellt. Nur eine Diskussionsveranstaltung führt das Wort Feminismus im Mund. Bestritten wird sie unter anderem von einer Redakteurin von Missy, einem neu gegründeten Magazin für Pop und Feminismus.
"Alle Themen, die relevant sind", sagt Röttgers, habe sie abgedeckt. Woran man einen radikalen Wandel ablesen kann. Denn "Anreize schaffen" und "Perspektiven eröffnen", wie es Röttgers für diese Frauenhochschulwoche formuliert, waren in den vergangenen 13 Jahren der Frauenhochschulwoche beileibe nicht das Anliegen der studentischen Frauenpolitik. Nah an feministischen Lehrinhalten wurden gesellschaftliche Frauenbilder und Rollen thematisiert und mit den universitären Strukturen abgeglichen. Noch im Juni dieses Jahres veranstaltete das abgesetzte Frauenreferat eine queer-feministische Hochschulwoche.
Aber wie postmoderne Geschlechterverhältnisse arbeiten, interpretierte der Asta anders. Erst kürzte er das Budget des Frauenreferats und entzog ihm dann Stimm-und Schlüsselrecht. Anhand der reinen Zahlen befänden sich Frauen nicht in der Minderheit an der Uni Hamburg und somit bräuchten sie keine eigene Referentin, lautete die Begründung des Astas.
Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit heißen die Losungen, die auch Monika Bullinger vertritt. Die Gleichstellungsbeauftragte der Uni Hamburg spricht heute die Grußworte. "Hier findet ein Umbruch statt und Themen der Unterschiedlichkeit stehen auf der Tagesordnung", sagt Bullinger. So sehe es bei den Nachwuchswissenschaftlerinnen und den Juniorprofessorinnen gar nicht gut aus, kommentierte sie den frauenpolitischen Handlungsbedarf.
Die Frauenhochschulwoche verabschiedet sich somit diese Woche von ihren feministischen Ursprüngen. Sie bricht auf in die neue Zeit des "Gendermainstreaming".
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